Festspiel – Der Siebringhäuser Zopfritt

Die Handlung spielt während des Dreißigjährigen Krieges in Landau, welche an die Sage „Der Siebringhäuser Zopfritt“ angelehnt ist.

Es herrscht Aufregung, die Schweden sind in der Stadt

Ein Trupp Burschen und Mädchen hatte sich zur Spinnstube eingefunden. Die Räder surrten schon langsamer; es wurde allmählich Zeit, nach Hause zu gehen. Die Großmutter hatte eben noch eine Geschichte erzählt, wie im Schloß um Mitternacht die Türen lautlos aufgingen und eine weiße Gestalt die Räume durchschreite. Während bei der eintretenden Stille noch einige nachsannen, ob nicht ein Spuk sie heute Nacht erschrecken könne, fragte ein Bursche, als die Turmuhr elf schlug: ,,Wer würde jetzt um die Geisterstunde noch nach Sieberkausen gehen und den Brotschieber holen?“ Alle wußten: in den verfallenen Häusern des ehemaligen Dorfes hausten Marodeure, die die Umgegend brandschatzten und in dem alten Backofen buken.

In das entschiedene Nein der Mädchen sagte plötzlich die Kathrin: „Ich geh!“ Man kannte sie als resolutes Mädchen, das keiner Arbeit und keinem Mannskerl aus dem Wege ging, aber darüber war man doch erstaunt. Trotz aller Mahnungen bestand sie auf ihrem Vorsatz. Alle geleiteten sie zum Wächter am Oberen Tor, der ihr ebenfalls abriet. Umsonst. Kathrin wollte um zwölf wieder da sein. Sie kannte den Streckeweg: der Mühlenpfad nach Siebringhausen führte zwischen den beiden Dachsbergen durch das Hegeholz, dann kam sie bei der Mühle heraus und konnte durch die Hecke zum Dorf laufen. Das Mädchen sprang leichtfüßig den Wasserweg hinunter und war bei dein verhangenen Himmel gleich den Blicken entschwunden. Die leichte Schneedecke schluckte den Schall ihrer Tritte.

Trunkenbold in Landau

Nun war an ein Zubettgehen natürlich nicht zu denken. Burschen und Mädchen stellten in der warmen Stube Vermutungen an, was wohl geschehen könne und werde. Trotzdem schlich die Zeit langsam hin. Vor einer Stunde kann Kathrin auf keinen Fall zurück sein.

Es hielt den Trupp nicht in der Stube, schon eine Viertelstunde vor zwölf standen alle oben auf der Knappenburg und spähten hinunter ins Wattertal. Eine Anzahl Neugieriger hatte sich eingefunden. Die ersten Vorwürfe wurden laut: Wie konntet ihr so etwas Unsinniges verlangen und zugeben.

Der Schnee glitzert im Vollmondschein. Man kann bis ans Hegeholz sehen. Noch immer kommt Kathrin nicht? Da, als es zwölf schlägt, biegt sie um die Ecke. Sie läuft um ihr Leben. Während alle überlegen, was sie dazu treiben mag, hört man Hufegeklapper, und kurz darauf sehen sie den galoppierenden Reiter hinter Kathrin hersprengen. Was nützt da alles Jolilen und Schreien! Doch! Kathrin hat begriffen und hastet am Piipeken hinauf. Der Reiter springt vom Pferd und hinterher. Die Tür in der Mauer ist geöffnet, die Leiter hinausgeschoben. Wie eine Katze klettert Kathrin empor, verfolgt von dein Mann. Ehe sie sich hinter die schützende Mauer retten kann, holt der Verfolger mit dem Schwert aus. Allen stockt das Blut in den Adern. Er schlägt zu. Ein blonder Zopf fällt in den Schnee.

Rangelei mit den Schweden
in der Taverne

Langsam beruhigt sich Kathrin und erzählt: „Bis Sieberkausen ging es ganz gut, doch dann bekam ich Angst. Hätte ich euren Spott nicht gefürchtet, wäre ich umgekehrt. Das Backhaus weiß ich, von unserer Wiese aus war ich früher schon im Dorf. Ich wollte gerade den Brotschieber packen, da hörte ich Pferdegeklapper. Der Mann muß meine Spur im Schnee gesehen haben. Ich kroch schnell auf den Ofen und war mucksmäuschenstill. Zum Glück hatte der Reiter kein Licht. So hörte ich ihn nur fluchen und mit seinem Säbel an den Wänden herumstoßen. Ihr könnt euch denken, wie mir zumute war!

Dann ritt er fort. Ich schlich mich wieder aus dem Dorf und lief den Weg zurück. Schon glaubte ich mich in Sicherheit. Aber der Kerl fand meine Spur im Schnee und ist hinter mir hergeritten, anders kann es nicht sein. Den Brotschieber habe ich fortgeworfen, den könnt ihr euch morgen holen. Ich habe aber ein Zeugnis, daß ich dort war. Seht her! Auf dem Ofen stand eine Kiste init Geld und allerlei Wertsachen. Einen Gulden habe ich mitgenommen, den könnt ihr sehen.“ Sie zeigte ihn her und ließ ihn im Kreise herumgehen. Das war eine Neuigkeit für die Burschen: „Morgen holen wir die Kiste!“

Die Schweden überfallen die Bergstadt

Kathrin war am nächsten Tage in aller Mund. So ein Mädchen! Ganz allein läuft es in dieser unsicheren Zeit ins Nest der Räuber und kommt wieder heil nach Hause. Die müßte man zur Frau haben, wünschte sich mancher junge Freier.

Mit Hellebarden und Feuerrohen machten sich am nächsten Morgen die Bürger auf und marschierten nach Siebringhausen. Das Nest war leer, die Kiste mitgenommen. Der Schlupfwinkel wurde dem Erdboden gleichgemacht, damit man Ruhe vor den Plagegeistern hatte.

Am folgenden Sonntag war Tanz. Nach dieseln glücklich verlaufenen Abenteuer verlangte die Jugend ihr Recht. Wie sich alle um Kathrin mühten! Sie saß kein einziges Mal. Auch einige Fremde hatten sich eingefunden und forderten sie zum Tanz auf. Argwöhnisch und grollend paßten die Burschen auf. Heute gehörte Kathrin ihnen. Was wollen die Fremden! Ein Schrei! Kathrin fühlte sich von drei Männern umfaßt und wurde hinausgezerrt. Sie wehrte sich. Die Burschen sprangen hinzu und verhinderten, daß ihr Mädchen auf eines der Pferde gehoben und entführt wurde.Zum zweitenmal ist sie gerettet! Mit den drei Reitern entbrannte ein harter Kampf. Sie kämpften um ihr Leben, das wußten sie. Nach heftiger Gegenwehr siegte die Überzahl. Die drei wanderten hinter Gitter. Das Gericht machte nicht lange Federlesens mit den Wegelagerern.